Vorbemerkung
Bislang war das unter Datum vom 08.02.2006 erarbeitete Konzept für das Haus Louise von Marillac die gemeinsame Grundlage des Wirkens für die Mitglieder des Vereins „Gemeinsam statt einsam“ und das Angehörigengremium als Vertreter der Bewohner des Hauses Louise von Marillac. In dieser Zeit haben alle Beteiligten sich für die Idee eingesetzt, Demenzbetroffenen in einer neuen Organisationsform ein Leben in Würde und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend. Die Erfahrungen aus den ersten Jahren fließen nun in eine Weiterentwicklung des Konzeptes ein.
Unser Konzept heute
Der Verein „Gemeinsam statt einsam“ e.V. hat das Erdgeschoss und den ersten Stock des von der Haus St. Vinzenz von Paul GmbH erbauten Hauses Louise von Marillac gemietet. Der Verein „Gemeinsam statt einsam“ ist aber nicht Betreiber einer Wohngemeinschaft, sondern nur Vermieter der Appartements und Hüter des Kon-zeptes. Einen „Heimleiter“ gibt es im Haus „Louise von Marillac“ nicht, das Angehö-rigengremium ist die oberste Instanz für das Geschehen des Alltags in der WG.
Mit dem Haus Louise von Marillac – Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene wird bis zu 12 Menschen der Aufenthalt im häuslichen Umfeld und der familiären Atmos-phäre einer Wohngemeinschaft ermöglicht. Diese Wohn- und Lebensform ermöglicht individuelle Pflege und Betreuung und ist Vielen eine willkommene Alternative zum Pflegeheim. Die Wohngemeinschaft ermöglicht den Angehörigen Demenzbetroffen-er, insbesondere Kleinostheimer Bürgern/innen, den Kontakt ohne großen Aufwand intensiv fortzusetzen und somit die familiären Bande aufrecht zu erhalten. Mit diesem Beitrag leistet das Konzept einen beachtenswerten Beitrag um bestmögliche Rahmenbedingung für eine idealtypische Umsetzung des Pflegequalitätsgesetzes vom 01.08.2008.
Standort
Mit dem Standort des Hauses Louise von Marillac in der Bassenser Straße 16 konnten eine Reihe von Vorteilen vereint werden. Die Nähe zum Seniorenzentrum bringt Synergieeffekte in organisatorischen Belangen und ermöglicht die Inanspruchnahme der Angebote der Offenen Altenarbeit. Außerdem ist der Zugang zu den Angeboten im Seniorenzentrum für die Hausbewohner recht leicht. Die räumliche Nähe zur Einkaufs- und Geschäftsmeile Goethestraße ist für die Hausbewohner und für deren Angehörige sehr vorteilhaft. Auch die beiden Kirchen – die katholische Sankt Laurentius Kirche und die evangelische Sankt Markus Kirche – sind in Laufnähe. Mit der Einbindung ehrenamtlicher Helfer – z.B. Hospizgruppe, Musiker, Vorleser, Erzähler, Kirchgangsbegleiter wurde die angestrebte Vernetzung der Wohngemeinschaft in das gesellschaftliche örtliche Leben erreicht. Die Hausbewohner bleiben auch in dieser Lebensphase ihrem angestammten Umfeld räumlich wie auch persönlich nahe.
Gebäude
Das barrierefreie Haus besteht aus zwölf Appartements mit jeweils eigener Dusche und WC. Allen Hausbewohnern mit körperlichen Einschränkungen wird somit eine größtmögliche Mobilität und Selbständigkeit ermöglicht unter gleichzeitiger Achtung der Privatsphäre. Ein eigenes Zimmer zu haben ist für viele ältere Menschen eine praktische Notwendigkeit zur Selbstbestimmung und bietet auch die wichtige Rückzugsmöglichkeit. Selbst die Aufstellung einer kleinen Küchenzeile ist bautechnisch möglich. Jedes Appartement verfügt über einen eigenen Telefon- und Fernsehanschluss, der Zugang ist behindertengerecht und mit Hilfe eines Aufzugs auch im ersten Stock möglich. Die Zimmer werden bei Auszug bzw. Bewohnerwechsel renoviert und unmöbliert an die Bewohner übergeben. Jeder Bewohner gestaltet den persönlichen Wohnraum individuell nach seinem Geschmack.
Die Gemeinschaftsräume stehen allen Hausbewohnern zur Verfügung (Eingang und Garderobe mit Einzelbriefkästen und Türklingeln für die Zimmer, behindertengerechten WC, Badezimmer, Abstellräume, Hauswirtschafts-/Waschraum, Speisekammer, als „Herzstück“ den Gemeinschaftswohnraum mit TV, Radio usw., die Wohnküche, Arbeitsraum, Flure, Fahrstuhl, Terrasse, Wintergarten und angrenzenden „Wohlfühlgarten“).
Der Bauherr/Vermieter stellt nur Möbel und Einrichtungsgegenstände als Grundausstattung zur Verfügung, die sich üblicherweise nicht in Privathaushalten finden lassen. In ihrem neuen Zuhause stellen die Bewohner ihre vertrauten Möbel und finden so Orientierungspunkte und ein höchstmögliches Maß an Vertrautheit, Sicherheit und Geborgenheit und somit Wohlbefinden. So entstand in heller, freundlicher Architektur ein ruhiges Wohnmilieu mit familiärem Ambiente und für alle Hausbewohner überschaubare räumliche Strukturen.
Organisation
Die Mitarbeiter/innen der Sozialstation sollen ein multiprofessionelles Team sein, in dem Berufsgruppen aus dem pflegerischen, pädagogischen, medizintherapeutischen und aus dem hauswirtschaftlichen Bereich vertreten sind. In einem abgestimmten Personalkonzept sollen neben den festen Bezugspersonen (Präsenzpersonen) durch Integration von Familie, Freunden und ehrenamtlichen Helfer/innen in den Alltag Kontinuität und Vertrauen ausgestrahlt werden. Alle Mitarbeiter/innen der Sozialstation sollen entsprechend dem ganzheitlichen Konzept ihre fachspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen, sie arbeiten gleichberechtigt und selbstverantwortlich miteinander. Es gibt dabei keine grundsätzliche Trennung zwischen hauswirtschaftlichen Aufgaben und pflegerischen Tätigkeiten („Alle-machen-alles-Prinzip“). Die Basisqualifikation für die Grundpflege habe alle Mitarbeiter/innen. Die Behandlungspflege obliegt nur den ausgebildeten Fachkräften.
Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht eine größtmögliche Normalität des Lebensalltages. Weg von einem „trägergesteuerten“ hin zu einem „nutzergesteuerten“ Versorgungssystem. Wie in der ambulanten Pflege selbstverständlich bestimmen die Hausbewohner/Angehörige, wer die Pflege und Betreuung erbringt, wie diese Leistungen strukturiert werden, was gegessen und getrunken wird etc. Die Leistungserbringer orientieren sich an den Hausbewohnern und nicht umgekehrt. Die Hausbewohner bringen sich in den Alltag in den Umfang ein, wie es gerade ihrer Situation entspricht.
Formales
Die Hausbewohner/Angehörigen schließen bei Einzug drei Verträge ab. Für die Präsenzpersonen rund um die Uhr wird ein Betreuungsvertrag mit einer Sozialstation abgeschlossen. Dieser Betreuungsvertrag legt den Standard der Grundbetreuung für alle Bewohner/innen fest und kann – sofern sich die Wünsche und Anforderungen der Bewohnergemeinschaft ändern – nach erneuter Verhandlung angepasst werden.
Der Betreuungsvertrag ist für jeden Hausbewohner gleich, jedoch fakultativ. Die notwendigen Dienste aus den Bereichen Hauswirtschaft und Grundpflege können durch die Mithilfe von Angehörigen ggfs. sehr gering gehalten werden.
Für die pflegerische Betreuung der Hausbewohner wird ein Pflegevertrag individuell mit der Sozialstation vereinbart. Die Anforderungen an den Pflegevertrag unterscheiden sich nicht von den sonst üblichen ambulanten Verträgen.
Die Abrechnung erfolgt – bei Vorliegen der Voraussetzungen – über die Kranken- und Pflegekassen . Hauswirtschaftliche Leistungen im privaten Wohnraum (z.B. Zimmerreinigung) übernehmen entweder die alten Menschen selbst, deren Angehörige, privat engagierte Reinigungskräfte oder auch die Sozialstation. Die Hausmeisterleistungen und die Reinigung der Gemeinschaftsflächen werden über die Wohnungs-Nebenkosten abgerechnet.
Für die Appartements und das Nutzungsrecht für die Gemeinschaftsbereiche wird mit dem Verein „Gemeinsam statt einsam“ e.V. ein Mietvertrag abgeschlossen. Mit diesem Mietvertrag verpflichten sich die Angehörigen auch zur Mitarbeit im Angehörigengremium.
Die genauen Kosten können dem Flyer entnommen werden.
Aufnahme und Verbleib
Die Aufnahme in die Wohngemeinschaft ist grundsätzlich für Menschen mit fachärztlich festgestellter Demenz möglich. Darüber hinaus sollte mindestens die Pflegestufe I vorliegen. Informationsgespräche können nach Terminvereinbarung mit dem Vereinsvorsitzenden durchgeführt werden, der auch die Interessenten vormerkt. Sobald ein Appartement in der Wohngemeinschaft frei ist, informiert der Vereinsvorsitzende die Interessenten und klärt die Aktualität der Interessensbekundung ab. Die aktuellen Interessenten werden der Sozialstation benannt, die die medizinische und sonstigen wichtigen Lebensumstände abklärt. Anschließend werden die Vorschläge dem Angehörigengremium unterbreitet, das über die Aufnahme entscheidet. Erst auf Basis der Entscheidung des Angehörigengremiums erfolgen die Vertragsabschlüsse. Wegen des Prinzips der gemeindenahen Versorgung und zum Erhalt der Kontakte in der Gemeinde werden Bewerber/innen aus Kleinostheim bevorzugt.
Ein Verbleib in der Wohngemeinschaft ist grundsätzlich bis zum Tode des Hausbewohners möglich. Die Sterbebegleitung kann durch die Hospizgruppe Kleinostheim unterstützt werden.
Verein „Gemeinsam statt einsam“
Der Verein wurde am 27.07.2005 gegründet und hat heute folgende Aufgaben: Der Verein
- ist Hauptmieter und Verwalter des Hauses.
- vergibt seinerseits Untermietverträge an Demenzbetroffene.
- ist Vermittler zwischen den Hausbewohnern, ihren Angehörigen und dem Pflegedienst.
- ist Garant für die Umsetzung des inhaltlichen Betreuungskonzeptes und somit auch in der Rolle einer Kontrollinstanz.
- ist im Bedarfsfall Moderator im Angehörigengremium, hat aber kein Stimmrecht.
- ist Vermittler im Ausschlussverfahren.
- ist Ansprechpartner für Interessenten
- koordiniert die Einzüge neuer Hausbewohner
Angehörigengremium
Das Angehörigengremium begründete nach dem Einzug der ersten Hausbewohner und hat heute folgende Aufgaben:
- Eigeninitiative und Förderung aller Aktivitäten, die dem Wohl und Erhalt der Wohngemeinschaft dienen, z.B. Nutzung und Gestaltung der gemeinsamen Räume, gemeinschaftliche Aufgaben, Einkäufe für den Haushalt, Umgang mit Überschüssen des Haushaltskontos, Haustierhaltung, Reinigung der Gemein-schaftsräume, Gartengestaltung usw.
- Übernahme von Verantwortung in der Wohngemeinschaft
- Kollegiale Zusammenarbeit mit dem Verein „Gemeinsam statt einsam“, den Mitarbeitern des Dienstleisters und den ehrenamtlichen Helfern in der Wohngemeinschaft, um den Hausbewohnern ein Leben in größtmöglicher Lebensqualität und häuslicher Atmosphäre zu ermöglichen.
- Alle Mitglieder der Wohngemeinschaft verpflichten sich ein gleich hohes Haushaltsgeld am Ersten eines jeden Monats auf das Haushaltskonto zu überweisen, dessen Höhe und Verwendung im Einzelnen durch Mehrheitsbeschluss entschieden wird.
- Entscheidungsrecht beim Einzug eines neuen Bewohners.
- Entscheidungsrecht beim Ausschluss eines Hausbewohners.
Haus Sankt Vinzenz von Paul GmbH – Soziale Dienste Kleinostheim -
Die Haus St. Vinzenz von Paul GmbH ist Bauherr des Hauses Louise von Marillac. Mittels Generalpachtvertrag wurden die Räumlichkeiten dem Verein „Gemeinsam statt einsam“ e.V. als Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene zur Verfügung gestellt. Die Haus St. Vinzenz von Paul GmbH greift nicht in die Tagesangelegenheiten des Vereins „Gemeinsam statt einsam“ e.V. oder des Angehörigengremiums ein.
Leitbild
- Im Geist unserer Namensgeberin Louise von Marillac wollen wir Demenzbetroffenen helfen zu einem Leben in Würde und Selbstbestimmung.
- Soweit Demenzbetroffene ihre Rechte nicht mehr selbst artikulieren und vertreten können, wollen wir sie so vertreten, als wären es unsere Interessen.
- Unbeschadet der krankheitsbedingten Erscheinungen wollen wir Demenzbetroffenen in Liebe, Würde und Respekt begegnen.
- Den Angehörigen Demenzbetroffener wollen wir mit Rat und Tat helfen, das Schicksal und die krankheitsbedingten Belastungen zu erleichtern.
- Wir wollen unsere Erfahrungen und Kenntnisse weitergeben, damit auch überregional unser erfolgreiches Konzept Demenzbetroffenen helfen kann.
- Wir wollen unser Konzept und seine Umsetzung regelmäßig prüfen und im Bedarfsfall anpassen, um den veränderten Bedingungen Rechnung tragen zu können.
- Wir wollen mit den politisch verantwortlichen Kräften unseres Landes zusammenarbeiten und über unsere Arbeit informieren, um die gesetzlichen Rahmenbe-dingungen zu optimieren.
- Wir wollen im Rahmen unserer jeweiligen Aufgabenstellung unsere Arbeit bestmöglich ausführen zum Wohle der uns anvertrauten Menschen.
Diesem Konzept und Leitbild verpflichtet sich am 07.10.2010
Verein „Gemeinsam statt einsam“
Edwin Lang, 1. Vorsitzender